Finanzcoaching – Sinn oder Unsinn?

Vor ein paar Tagen erschien ein Artikel auf Welt.de über das Thema Finanzcoaching. Insbesondere das Finanzcoaching von Natascha Wegelin alias Madame Moneypenny wurde unter die Lupe genommen. Besser gesagt die Preisgestaltung des Ganzen. Denn mittlerweile kostet dieses „Mentoring-Programm“ satte 5.000 € und da muss ich mich tatsächlich fragen, ob das gerechtfertigt ist. Zugegebenermaßen habe ich noch nie ein Finanzcoaching besucht – egal von wem. Ich kann also gar nicht genau sagen, was da alles so besprochen wird. Aber eine gewisse Verhältnismäßigkeit kann man dennoch beurteilen. Auch im welt-Artikel wurde der Preis des Finanzcoachings von Madame Moneypenny mit dem Stundensatz eines Honorarberaters verglichen und dass lässt ein „Geschmäckle“ zurück.

Worum geht es bei einem Finanzcoaching?

Das ist tatsächlich von Anbieter zu Anbieter etwas unterschiedlich. Das allgemeine Ziel besteht darin, die eigenen Finanzen so zu überblicken und zu verstehen, dass man eigene Finanzentscheidungen treffen kann. Angefangen vom Haushaltsbuch, um überhaupt mal einen Überblick zu bekommen, bis hin zum Einstieg ins Börsengeschehen und ETFs, damit man selber Investieren kann. So weit so gut. Inwieweit das Thema „Versicherungen“ angeschnitten wird, kann ich nicht sagen, aber es gehört definitiv zu den persönlichen Finanzen dazu.

Ganz unterschiedlich ist es beim Thema „Einzelcoaching“ im Bereich Finanzen. Das geht tatsächlich in den Bereich Honorarberatung über, auch wenn es so nicht genannt wird. Die Honorarberatung wird von der BaFin beaufsichtigt – Finanzcoach kann sich hingegen so ziemlich jeder nennen, weil es kein geschützter Begriff ist. Bei Madame Moneypenny wird beispielsweise kein Einzelcoaching angeboten, sondern nur ein Gruppencoaching. (Womöglich aus haftungsrechtlichen Gründen?) Das heißt, dass die eigene persönliche Situation gar nicht beleuchtet wird. Und dafür blättert man 5.000 € hin. Nunja.

Alternative Honorarberatung

Bei der Honorarberatung hingegen gibt es feste Gebührensätze von Bundesverband unabhängiger Honorarberater. Diese habe ich mal hier verlinkt (Anmerkung: mich hat kürzlich eine e-mail erreicht, in der auf einen Artikel der Wirtschaftswoche gewiesen wird. Hierbei geht hervor, dass der Bundesverband unabhängiger Honorarberater das ganze System ad absurdum führt, daher habe ich den Link entfernt und werde weiter nachforschen, was da dran ist) und da zahlt man für eine umfangreiche Einmalberatung, inkl. Analyse der aktuellen Vermögenssituation, Risikoanalyse und konkrete Produktempfehlung 1.187 €. Natürlich sollte man sich zusätzlich trotzdem über die Grundlagen der persönlichen Finanzen informieren. Aber dieser Preis bietet eine gute Grundlage dafür, um die Preise eines Finanzcoachings besser einordnen zu können.

An der Stelle noch ein großes ACHTUNG: Geschätzt 80% der „Honorarberater“ sind zusätzlich noch als Versicherungsmakler mit Provision tätig. Da ist natürlich die Neutralität nicht gegeben. Daher gibt es auf der Seite des Bundesverbandes die Möglichkeit einerseits eine Liste mit „echten“ Honorarberatern abzurufen und gleichzeitig aber auch prüfen zu lassen, ob derjenige, der sich „Honorarberater“ nennt auch wirklich einer ist. Denn viele Berater oder besser Verkäufer, gehen mit dem Begriff „Honorarberater“ auf Kundenfang. Den Link habe ich hier ebenfalls reingepackt. Professor Hartmut Walz schreibt auf seinem Blog (und in seinen Büchern) auch oft über das Thema Abzocke durch schwarze Finanzschafe!

Für wen ist ein Finanzcoaching sinnvoll?

Für jeden, der das Finanzwissen in komprimierter Form serviert bekommen möchte. Inhaltlich kann ich natürlich nichts dazu sagen, da ich nie einen solchen Kurs gemacht habe. Es ist sicherlich für die Personen sinnvoll, die erstmal gar keine Ahnung haben und einen Einstieg brauchen – wobei hier alle notwendigen Informationen kostenfrei im Internet verfügbar sind und es dazu auch wunderschöne Bücher gibt. Auch für Leute, die den sogenannten Tritt in den Allerwertesten brauchen, um in die Umsetzung zu kommen, kann so ein Kurs wahre Wunder bewirken. Wenn du es magst, dich mit anderen über das Thema auszutauschen, kann so ein Kurs dir helfen. Falls ein solcher Kurs für dich in Frage kommt, dann schau nach dem Preis-Leistung-Verhältnis. Und ja, 5000 € sind einfach fernab jeglicher Realität. 😉 Konkrete Kurse werde ich dir hier nicht empfehlen, da ich keinen absolviert habe, sondern mir alles selbst erarbeitet habe.

Letztlich kannst du dir vieles auch aus guten Büchern anlesen. Gerade wenn es um das Thema ETFs geht, gibt es da den großartigen Kommer.

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Wer es grundlegender braucht, der kann sich auch folgende Bücher zu Gemüte führen.

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Für wen ist es nicht geeignet?

Aus meiner Sicht ist ein Finanzcoaching nicht für Personen geeignet, deren Finanzsituation sehr kompliziert ist oder die Schulden haben. Diese sollten sich entweder an eine Schuldnerberatung wenden oder tatsächlich einen Honorarberater aufsuchen. Finanztip hat einen guten Artikel zur Schuldnerberatung geschrieben, den ich hier auch verlinke, denn auch beim Thema Schuldnerberatung gibt es viele schwarze Schafe.

Bei komplizierten Vermögensverhältnissen ist eine Honorarberatung sicherlich die bessere Investition des Geldes. Auch beim Thema Versicherungen gibt es einige Dinge, die man selbst überhaupt nicht Überblicken kann. Riesterversicherungen, Rentenversicherungen etc. sind teilweise so kompliziert geschrieben, dass nur jemand vom Fach eine fundierte Empfehlung geben kann, ob sich die Versicherung lohnt.

Fazit Finanzcoaching

Ein Finanzcoaching lohnt sich vielleicht (!) für diejenigen, die völlig blank sind oder nicht in die Umsetzung kommen oder einfach die Gruppe brauchen, um sich auszutauschen. Bei komplizierten Vermögenssituationen oder gar (vielen) Schulden, ist so ein Kurs nicht die erste Anlaufstelle. Hier können Honorarberater oder eben Schuldnerberatungen besser wirksam werden.

Bezogen auf den Welt-Artikel zu Natascha Wegelin. Natürlich kann man jetzt argumentieren – Angebot und Nachfrage. Aber wer damit wirbt, dass vor allem Frauen, die von Altersarmut betroffen sind, sich um die Altersvorsorge kümmern sollten, sollte vielleicht nicht so einen Preis aufrufen, der im krassen Gegensatz zum Slogan steht.

Wie stehst du zum Thema Finanzcoaching? Ich bin sehr gespannt auf deine Meinung zu diesem Thema.

LG Anna

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Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Dagoberts Nichte

    Ich sehe das ganze sehr kritisch! Spezielle Beratung („Coaching“) zur individuellen Einzelsituation kann ja tatsächlich hilfreich sein, wenn die eigene Situation wirklich kompliziert ist…wegen mir auch ein (vorproduzierter) Videokurs mit Gruppen-Effekt zur Motivation. Wer’s braucht. Aber das kostet dann einige hundert Euro, nicht tausende.
    Braucht man das als Anfänger? Absolut nicht. Alles Wissen ist kostenlos im Internet vorhanden oder kostengünstig aus der Bibliothek ausleihbar.
    Viele Grüße
    Jenni

    1. Finanzmedicus

      Danke für dein Feedback! Die Entwicklung der Kostenstruktur dieser Coachings geht mir auch gehörig auf den Wecker. Das nimmt zum Teil echt absurde Ausmaße an. Kurz nachdem ich den Artikel fertig geschrieben hatte, ist mir ein 1:1-Coaching untergekommen zum Moneymindset – und zwar nur Moneymindset, was dann mal 997 € kostet. Da frage ich mich ernsthaft, ob und wer sowas bezahlt.

      1. Laura L. Franco

        Also ich interessiere mich schon sehr lange für das Mentoring von Natascha und würde am liebsten daran teilnehmen. Ich höre regelmäßig alle Podcasts und lese ihr Buch, jedoch ist der Preis für das Mentoring so hoch, dass ich mehrere Monate/Jahre dafür sparen muss und da fehlt mir dann auch die Verbindung zum eigentlichen Ziel.. dem Sparen für‘s Alter. Wirklich schade, weil es vielleicht viel mehr Absolventinnen geben würde, wenn es erschwinglicher wäre

      2. Finanzmedicus

        Hallo Laura,
        vielen Dank für deinen Kommentar. Ich sehe es ganz genau so! Es ist immer die Frage, was dein Ziel mit dem Mentoring-Programm ist. Wenn du „einfach“ mehr über die Thematik persönliche Finanzen und Investieren lernen möchtest, brauchst du sicherlich kein 5000 Euro-Programm. Es gibt gute Bücher, aus denen du dir dein Wissen aneignen kannst. Wenn du gerne einen Kurs machen möchtest, gibt es deutlich günstigere Kurse, die gute Kritiken haben – denn alle kochen nur mit Wasser! Wenn du hingegen eine komplizierte finanzielle Situation hast, bringt dir so ein Kurs nur bedingt etwas, denn da wird in der Regel das Wissen allgemein gehalten und nicht auf spezielle persönliche Situationen eingegangen. Da kann dir möglicherweise ein unabhängiger Honorar-Finanzanlagenberater weiterhelfen (Vorsicht: hier gibt es nur wenige gesetzlich geschützte Begriffe, siehe hierzu gerne meine Buchrezension zu „Beraten statt Verraten“).
        Ich wünsche dir noch ein schönes Wochenende!
        LG Anna

  2. Julia

    Hallo Anna,
    hallo Community,

    Ich habe mich in der Elternzeit meines 1. Kindes nochmals intensiv mit dem Thema Finanzen auseinandergesetzt und dann direkt mit ETFs duchgestartet.
    So lange man darauf achtet, dass das Volumen gross genug ist (> € 1 Mrd), die laufenden Kosten „TER“ möglichst niedrig sind (> 0,3% oder noch geringer) und zuletzt der ETF breit genug gestreut ist kann man wirklich nichts falsch machen – ausser man fängt gar nicht erst an.
    Wenn man zB monatlich 50 Euro ein Jahr lang anlegt und im Zweifel „Fehler“ gemacht hat, war das Lehrgeld immer noch nur 600 Euro uns nicht extrem überzogene 5000 €!!!!

    Ich empfehle allen Anfängerinnen:
    – Hört 2-3 verschiedene Podcast (Finanzen, Mindest, female empowerment) an
    – schaut euch 2-3 Kanäle (zB Finanzfluss) zum Thema ETF an

    Und wenn ihr mögt lest noch ein paar Bücher.
    Ihr werdet merken, dass die Quintessenz für Anfänger genau die 3 Punkte sind, die ich oben geschrieben habe.
    Jetzt nur noch einen Broker suchen und Verantwortung übernehme 🙂

    Und wenn ihr euch sicherer fühlen wollt nehmt euren Partner oder eine Freundin mit dazu bzw. 1 Stufe weiter bucht euch 1-2 Stunden unabhängige Finanzberatung.

    Viel Spaß und Erfolg für alle mit Ihrem Vermögensaufbau!!!

    J.

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