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Raus aus dem Stundenlohn von Pott & Bargfrede

„Raus aus dem Stundenlohn – Nie wieder für andere arbeiten und Lebenszeit verkaufen“ von Prof. Dr. Oliver Pott und Jan Bargfrede verrät, worum es im Buch gehen sollte. Wie man aus dem Stundenlohn herauskommt. Dabei beleuchten die Autoren nicht nur die einzelnen Sparten des Geldverdienens als Angestellter, Selbstständiger oder Unternehmer (der Investor wird ausgeklammert im Buch), sondern auch die jeweiligen Vor- und Nachteile.

Ich persönlich habe von diesem Buch konkrete Schritte erwartet, wie man dem Stundenlohn entfliehen bzw. wie etwas eigenes aufgebaut werden kann.

Technische Daten zu „Raus aus dem Stundenlohn“

Das Buch „Raus aus dem Stundenlohn“ ist im Finanzbuchverlag erschienen und umfasst, inklusive Quellen, 219 Seiten. Kostenpunkt liegt bei 18,99 Euro. Gelesen habe ich die 4. Auflage 2021.

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Gedanken zum Buch „Raus aus dem Stundenlohn“

Abhängigkeit vom Einkommen

„Natürlich sind Angestellte von heute keine Knechte ihrer Arbeitgeber mehr, und dazu haben nicht zuletzt die großen Aufklärer ihren Beitrag geleistet. Doch ist die Frage interessant, was denn heute die Strukturen aus Arbeit-Geben und Arbeit-Nehmen eigentlich festigt. Geblieben sind die Sorge vor den Konsequenzen, die Abschätzung von Risiko und Rendite und ein Restmaß an Abhängigkeit.“

Raus aus dem Stundenlohn; Oliver Pott & Jan Bargfrede, S. 100

Je mehr Ausgaben jemand hat, desto abhängiger ist er von seinem Einkommen. Den großen Traum vom Eigenheim hegen viele Menschen in Deutschland und nehmen dafür eine Menge Kredit auf. Idealerweise kommen dann Kinder und klischeehaft geht der Mann arbeiten – das perfekte Hamsterrad ist entstanden. Wenn jetzt nur EIN Einkommen vorhanden ist, dann ist das gelebte Risiko schon enorm. Sollte dieses nämlich Wegbrechen – durch was auch immer – wird der Traum zum Alptraum. Daher ist es nicht verkehrt, sich mehrere Einkommensströme aufzubauen und gleichzeitig darauf zu achten, dass die Ausgaben nicht in den Himmel wachsen.

Die drei-F-Regel für das eigene Business

„Die drei F stehen für Fun, Fame und Fortune, also für Spaß, Ruhm und Vermögen.“

Raus aus dem Stundenlohn; Oliver Pott & Jan Bargfrede, S. 102

In erster Linie solltest du Spaß an dem haben, was du tust. Das ist letztlich die Grundlage, um darauf weiter aufbauen zu können. Fame meint hier nicht nur „Ruhm“ im eigentlichen Sinne, sondern steht hier auch für Verlässlichkeit. Wenn du ein (digitales) Produkt lieferst, sollte es auch seine Versprechen halten oder beispielsweise pünktlich geliefert werden. Der dritte Punkt des Vermögens spielt letztlich auch eine Rolle, denn ohne Cashflow ist es nur ein zeitintensives Hobby. Diese drei F beeinflussen sich laut den Autoren gegenseitig und „sind damit Stützpfeiler für Ihren Selfmade-Job.“ (S. 108)

Der Charme des unperfekten Produktes

„Ein erster Ansatz für Ihr eigenes Selfmade-Projekt: Erstellen Sie nicht das Produkt, das alles hat, sondern das, bei dem man nicht mehr weglassen kann. Provokanter ausgedrückt: Erstellen Sie das schlechteste Produkt, das Sie gerade eben so noch verkaufen können – und verbessern Sie es dann (…).“

Raus aus dem Stundenlohn; Oliver Pott & Jan Bargfrede, S. 150

Laut den Autoren ist es großer und verbreiteter Fehler so lange am Produkt zu arbeiten, bis es perfekt ist. Die Gefahr ist groß, dass es an den Bedürfnissen der Kunden „vorbeientwickelt“ wird. Daher lieber ein gutes, aber nicht perfektes Produkt, was schnell auf den Markt kommen kann und dafür nachgerüstet wird. Diese Denkweise ist nicht neu. Man denke hier nur an de Updates für Smartphones, Betriebssysteme etc.

Kritik zu „Raus aus dem Stundenlohn“

Ich bin tatsächlich etwas enttäuscht von diesem Buch, denn beispielsweise werden auf den ersten 150 Seiten vorwiegend die Nachteile des Angestelltendaseins beleuchtet und die unterschiedlichen Denkweisen der Generationen beschrieben, vor allem der Generation Z (wobei ich persönlich von dieser Unterteilung wenig halte). Das bedeutet, dass 3/4 des Buches, meiner Meinung nach, recht wenig mit dem Titel zu tun hat und für meinen Geschmack viel zu ausführlich auf den Titel des Buches „vorbereitet“. Das eigentliche Thema umfasst hingegen ca. 40 Seiten – in denen es konkrete Vorschläge und Beispiele gibt, wie man ein Produkt entwickeln bzw. recht schnell testen könnte, ob dieses auch erfolgsvorsprechend ist. Alternativ hätte das Buch lieber heißen können: Warum man nicht Angestellter sein sollte. Das hätte den Kern des Buches besser getroffen.

Psychologische Falle: Entscheidungsfehler

Die Autoren wähnen vor allem positive Beispiele, bei denen das eigene Business funktioniert hat. Unerwähnt bleiben die vielen gescheiterten Versuche ein eigenes Business zu etablieren. Im Kfw-Gründungsmonitor steht dazu folgendes: „Im Lauf von drei Geschäftsjahren beenden rund 30 % der Gründer ihre Existenzgründung wie- der. Tatsächlich ist die Bestandsfestigkeit sogar et- was schwächer. Nach den ersten 36 Monaten sind noch 66 % der Existenzgründungen aktiv, nach 60 Monaten noch 57 %.“ (Quelle: https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-Gründungsmonitor/KfW-Gründungsmonitor-2021.pdf). Wenn man über das Thema schreibt, gehört das meiner Meinung nach dazu!

Eine klassische psychologische Falle: Nur über die Sieger berichten. Ein Zitat aus „Einfach genial entscheiden“ von Hartmut Walz

„Der Fehler der Orientierung an den Überlebenden (survivorship bias) bezieht sich darauf, dass der Erfolg oder die Richtigkeit von Aussagen, Prozessen oder Strategien nicht an den ursprünglichen Teilnehmern der Gruppe (korrekter Messpunkt), sondern nur noch auf Basis der am Ende der Untersuchung verbleibenden Stichprobenmitglieder (falscher oder manipulierter Messpunkt) gemessen wird.“

Einfach genial entscheiden; Hartmut Walz, S. 27
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Nebenbei ein echt gutes Buch, um bessere Entscheidungen zu treffen. Die Rezension dazu findest du hier.

Viele unbelegte Aussagen

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Autoren kann viele Aussagen treffen, ohne sie durchgehend mit Quellen zu belegen. Das fiel mir umso mehr auf, da mein vorhergehendes Buch „Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit“ von Mai Thi Nguyen-Kim, hervorragend strukturiert und mit Quellenangaben belegt war.

Knackpunkte in den Erfolgsstorys

Immer wieder kommen Geschichten von einzelnen Personen vor. Das ist sehr spannend, aber teilweise hätte ich mir gerade an den kritischen Punkten mehr Informationen gewünscht. Beispielsweise Herr Wohlleben (S. 96), der durch seine Leidenschaft für den Naturschutz irgendwann auch eine Selbstständigkeit mit Autorenschaft und gefragter Interviewpartner entwickelt hat, erleidet einen Burn-out und eine Herzerkrankung. Statt es „besondere Wendung“ zu nennen, hätte mich viel mehr interessiert, was die damaligen Gründe dafür waren – Überarbeitung?, zu viel negativer Stress? Was würde Herr Wohlleben rückblickend anders machen? Was hat er für Tipps für die jüngere Generation?

Umgang mit Geld

Recht am Ende des Buches gehen die Autoren auf das erste Geld ein, was durch den Nebenjob verdient wurde. Ein Teil wird reinvestiert in den Nebenjob, bzw. von einem Teil etwas gönnen. Eine Sache fehlt mir hier total, die schon einigen das Genick gebrochen hat: denkt bitte auch an die Steuer! Legt von eurem „nebenbei“ verdientem Geld etwas für die Steuer zurück, denn die wird kommen.

Fazit zum Buch

Es gibt einige gute Impulse im Buch. Aber im Wesentlichen hatte ich mir etwas anderes erhofft, mehr Tipps zur Gründung, mehr Strategien zur Ideenfindung und Ideenumsetzung. Auch fände ich es spannend, mehr über ein paar steuerliche Aspekte zu erfahren – welche Unternehmensform ist am Anfang sinnvoll (bzw. ab wann sollte man sich darüber Gedanken machen). Die Autoren verweisen zwar auf externe Seiten, aber im Buch selbst, kommt dazu recht wenig. Vielleicht habe ich auch grundlegend die Intension des Buches missverstanden, aber für mich war das zu viel von: Angestellte sind unfrei und gefangen; die Generation Z; folge deiner Leidenschaft; fang ein Business mit digitalen Produkten an – mit praktischem Bezug auf lediglich 40 Seiten!

Wenn du das Buch schon gelesen hast, würde mich deine Meinung dazu brennend interessieren!

Als ich das Buch durchgelesen hatte, kam mir ein anderes Buch in den Sinn, was einen ganz anderen Aspekt des Themas beleuchtet: Was ist dir wichtig im Leben? Wie verwendest du deine Zeit? Hast du Spaß an dem, was du machst? Hier ein Buchtipp:

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Anna

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Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Angenehm ehrliche Rezension! Ich habe oder besser gesagt hatte das Buch auch auf der Watchlist. Nach deine Rezension aber gestrichen… Mit Dr. Oliver Pott habe ich schon so meine Erfahrungen gesammelt. Er ist vor allem ein hervorragender Verkäufer, der es versteht den potenziellen Kunden (s)ein Produkt zu verkaufen…

    1. Finanzmedicus

      Vielen lieben Dank! Das Buch verspricht im Titel tatsächlich mehr, als es dann letztlich einhält. Sehr schade.
      Näher hatte ich mich mit Dr. Pott noch gar nicht befasst. Vielleicht mache ich das mal bei Gelegenheit. 😉

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