You are currently viewing 5 Gedanken aus „Sell in May and go away?“ von Jessica Schwarzer

5 Gedanken aus „Sell in May and go away?“ von Jessica Schwarzer

Das Buch von Jessica Schwarzer „Sell in May and go away?“ ist kein typisches Börsenbuch, welches Chartanalyse oder Methoden vorstellt. Es ist besser. Jessica Schwarzer geht den gängigen Börsenweisheiten auf den Grund und analysiert inwieweit diese heute noch aktuell sind bzw. was davon überhaupt zu halten ist. Denn was ist der größte Risikofaktor, um Geld zu verlieren? Das sind wir selbst.

Wer Jessica Schwarzer nicht kennen sollte: sie ist Finanzjournalistin und selbst seit Jahren an der Börse investiert. Sie findet Börsenpsychologie extrem spannend und schreibt, neben vielen anderen Dingen, auch darüber.

Auf 234 Seiten erklärt Jessica Schwarzer die gängigen Börsenweisheiten und hat dabei einen wundervollen Sprachstil. Das Buch ist so gut geschrieben, dass ich es kaum aus der Hand legen wollte. Aber auf zu den 5 Gedanken zum Buch „Sell in May an go away?“*.

1. Ist der „Buy and Hold“-Ansatz Schnee von gestern?

Gleich zu Beginn kommt die Frage nach der grundlegenden Anlagestrategie. Kostolany hat vor Jahren den Spruch geprägt: „Kaufen Sie ein Portfolio solider internationaler Aktien, nehmen Sie Schlaftabletten und schauen Sie die Papiere nicht mehr an. Nach einigen Jahren werden Sie eine angenehme Überraschung erleben.“

Aber ist das heute noch aktuell? Kann diese Strategie heutzutage noch funktionieren? Immerhin schwanken die Kurse immer häufiger und immer stärker. Auch sind keine stabilen Trends mehr ableitbar. Zudem sind die Märkte stärker vernetzt und vorwiegend Computer haben die Regie übernommen, sodass in sekundenschnelle Informationen ausgetauscht werden.

„Schauen Sie sich nur den Dax an, dessen Zusammensetzung heute völlig anders aussieht als noch bei seiner Gründung Ende der 1980er-Jahre. (…) Wenn Sie ein Portfolio zehn Jahre unverändert lassen und nicht behutsam an die sich sehr schnell ändernde Welt anpassen, sei „Buy and Hold“ eine gefährliche Strategie, lautet die Warnung.“

Jessica Schwarzer; Sell in May and go away?; S. 15

Der Erfolg hängt maßgeblich davon ab, wie das Portfolio aufgebaut ist und wie der Beobachtungszeitraum gewählt wurde. Als Beispiel sind die Internetwerte um 1999 genannt. Wer da eine Übergewichtung dieser Werte im Portfolio hatte, hatte nach März 2000 zehn schlechte Jahre. Generell werden die ersten 10 Jahre der 2000er Jahre als „verlorene Dekade“ betitelt, weil nichts großartiges passiert sei.

Aber es ist eine Frage des Beobachtungszeitraumes! In den letzten 20 Jahren sind die Kurse nämlich sehr deutlich gestiegen und sind ein Argument für Buy and Hold.

„Durchhalten und Sparen ist insbesondere in volatilen Marktphasen sinnvoll. Denn über lange Anlagezeiträume hinweg lassen sich kurzfristige Marktschwankungen am ehesten ausgleichen.“

Jessica Schwarzer; Sell in May and go away?, S. 16

2. Greife nie in ein fallendes Messer

Ein weiterer wichtiger Punkt, wenn es um das Investment in Einzelaktien geht, ist der Verlauf des Aktienkurses. Aktienkurse sind volatil, keine Frage. Wenn es aber einen Rücksetzer der Kurse gibt (und die gibt es immer wieder!), muss immer die Frage nach dem „Warum?“ gestellt werden.

„Die Börsenweisheit vom fallenden Messer soll Sie anregen, die wahren Ursachen eines Kursrückgangs zu analysieren und zu bewerten. Sie warnt davor, in einen Kursrückgang hinein zu kaufen. Stattdessen sollten Sie erst nach einer Bodenbildung oder einem kleinen Kursanstieg zugreifen. Doch das ist nicht ganz einfach, weil die Kurse nach einer kleinen Erholung oft weiter fallen.“

Jessica Schwarzer; Sell in May and go away?, S. 77

Anmerkung: Als aktuelles Beispiel gilt hier Wirecard. Wer einfach nur den Rufen anderer gefolgt ist und bei dem fallenden Kurs nachgekauft hat, um seinen Einstiegskurs zu verbessern, der hat herbe Verluste erlitten und ins fallende Messer gegriffen.

Warum eine Aktie fällt, kann verschiedene Gründe haben. Eine weltweite Krise, Missmanagement im Unternehmen selbst oder eine ungünstige Branchenperspektive und viele mehr. Ursachen kann es viele haben, einige sind reparabel, andere wiederum können das Ende eines Unternehmens einläuten.

Aber wann kann man denn nun wieder einsteigen bzw. nachkaufen, wenn das Unternehmen an sich gesund ist?

„Ein Richtwert ist die 200-Tage-Linie. Wenn dieser Kursdurchschnitt von unten nach oben durchschnitten wird, ist das ein Einstiegssignal.“

Jessica Schwarzer; Sell in May and go away?, S. 79

Damit ist auch gemeint, dass ein zu frühes zugreifen sich in der Regel nicht auszahlt. Denn zwischen einem fallenden Messer und einem zwischenzeitlichen Kursrücksetzer ist der Unterschied anfangs gar nicht so einfach. (Hinterher ist man immer schlauer, wenn dann der Kursverlauf klar ist…) Ein anderer wichtiger Aspekt ist dabei auch das Unternehmensumfeld. Wenn es da negative Schlagzeilen gibt oder die Prognose nicht allzu rosig ist, dann ist Achtung angesagt.

3. Die 5 gefährlichsten Wörter der Kapitalanlage!

„Dieses Mal ist alles anders.“

Jessica Schwarzer; Sell in May and go away?, S. 135

Diese Worte stammen im übertragenen Sinne von Sir John Templeton. Damit ist gemeint, dass es immer Höhen und Tiefen an der Börse geben wird und dass sich die Märkte danach wieder normalisieren. Gute Aktien, die während einer Krise unter Druck geraten, werden sich langfristig wieder erholen.

„Wer klug ist, erinnert sich auch in Krisen daran, dass gute Aktien während allgemeiner Marktverwerfungen günstig zu haben sind. Wer Mut zeigt, längerfristig auf eine Normalisierung vertraut und Aktien kauft, dem eröffnen sich hervorragende Anlagechancen.“

Jessica Schwarzer; Sell in May and go away?, S. 139

Angst ist hingegen kein guter Ratgeber. Wer Angst vor den eigenen Entscheidungen hat, geht mit der Masse und hat wiederum noch mehr Angst. Kommt die Inflation verstärkt? Überlebt es die Währung? Enteignung? Das führt dazu, dass ängstliche Anleger zu Tiefstkursen verkaufen und bei guter Börsenstimmung zu teuer kaufen. Damit ist die Rendite futsch.

„Die Kurse fallen auf Tiefs und bilden dann einen Boden, wenn der Pessimismus der Anleger seinen Tiefststand erreicht hat. (…) (Tempelton) galt bald als Pionier auf dem Gebiet der Auswahl einzelner Aktien. Dabei stützte er sich auf das, was er den Punkt des „maximalen Pessimismus“ nannte. Später nannte sich diese Ansatz „Value-Strategie“ – Aktien kaufen, wenn sie unterbewertet sind.“

Jessica Schwarzer; Sell in May and go away?, S. 140

Dieses Muster gilt es zu erkennen! Denn oft lassen wir uns von dem Alltagsrauschen der Medien und Politikeraussagen ablenken.

4. Verpasste Chancen an der Börse

Wie oft wird auf Grafiken gezeigt, dass wenn man vor 10 Jahren in dieser oder jener Aktie investiert gewesen wäre, dann hätte man jetzt ausgesorgt. Aber ist das wirklich so schlau sich solche Entwicklungen immer wieder vor Augen zu führen? Denn wenn die Kurse einer angesagten Aktie schon sehr hoch gestiegen sind, kann es ein böses Erwachen geben, wenn man auf den fahrenden Zug noch aufspringt.

Wie Altmeister Kostolany bereits sagte:

„Einer Straßenbahn und einer Aktie darf man nie nachlaufen. Nur Geduld: Die nächste kommt mit Sicherheit.“

Jessica Schwarzer; Sell in May and go away?, S.142

Die wirklichen Gewinne macht derjenige, der früh einsteigt. Wer erst spät, vielleicht sogar zu Höchstkursen einsteigt, kann herbe Verluste erleiden, wenn danach die Kurse wieder nach unten gehen.

„Studien haben gezeigt, dass derjenige, der mit der Masse investiert, keine großen Gewinne macht.“

Jessica Schwarzer; Sell in May and go away?, S. 143

Ob es sich noch lohnt in einen Titel einzusteigen, ist schwer zu beantworten. Natürlich kommt es in erster Linie auf das Unternehmen an, was dahintersteckt. Perspektive? Produkte? Burggraben?

Eine qantitative Kennziffer, die als Hilfestellung dienen kann, ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Als grobe Richtlinie gilt, ab einem KGV von 10 oder mehr, sollte man sich ganz genau überlegen, ob die Perspektive des Unternehmens stimmt. Hierzu eine kleine Anmerkung: das KGV einer Amazonaktie liegt derzeit bei 81, Apple bei knapp 19, Tesla bei 14392 (kein Tippfehler). Stand 10/2020. Es stellt sich die Frage, ob der Grenzwert von 10 noch seine Aktualität besitzt oder ob die Aktienkurse in den letzten Jahren nicht ziemlich heiß gelaufen sind durch die Geldflut diverser Institute.

Es werden wieder neue Einstiegschancen kommen. Dann braucht es Mut und vor allem viel Wissen, um dann zu niedrigen Kursen einzusteigen. Denn erstens will man ja nicht den falschen Titeln hinterherlaufen und zweitens muss man seine Verlustaversion überlisten (Kann günstig auch gut sein?).

5. Wer sein Vermögen schützen möchte, muss spekulieren.

Damit ist aber nicht das „Zocken an der Börse“ gemeint, sondern berechnetes Handeln mit den Investments. Du kaufst eine Aktie von einem soliden Unternehmen oder du packst dir einen ETF ins Depot? Dann spekulierst du auch, denn du erwartest, dass die Kurse langfristig steigen werden oder dass du eine Dividende erhalten wirst.

Die Deutschen sind Sparweltmeister. Aber das wird in naher Zukunft nicht viel bringen, denn die Zinsen sind im Keller und werden höchstwahrscheinlich in den nächsten Jahren nicht signifikant steigen. Auch Investments in Staatsanleihen mit guter Bonität bringen gar nichts, im Gegenteil, langfristig verliert man Geld. Alle Anleihen, die mehr Prozente bringen, haben auch ein deutlich höheres Ausfallrisiko.

Eine sinnvolle Alternative ist tatsächlich das Investieren in Aktien bzw. ETFs, wenn man nicht zusehen möchte wie das eigene Vermögen, dank Inflation, in ein paar Jahrzehnten nur noch die Hälfte Wert ist.

„Anleger müssen umdenken, um im Niedrigzinsumfeld nicht mit Sicherheit abzüglich der Inflation Geld zu verlieren. Überprüfen Sie deshalb Ihre bisherige Risikoeinschätzung und überdenken Sie das Verhältnis von Sicherheit und Rendite neu.

Jessica Schwarzer; Sell in May and go away?, S. 173

Jessica Schwarzer beschreibt wundervoll, welche Alternativen aktuell zur Verfügung stehen und wie sinnvoll sie sind. Denn Bausparer, Lebensversicherung und Sparbuch sind zwar des Deutschen liebste Investments, erhalten das Vermögen aber nur bedingt.

Die Börse hingegen scheinen die Deutschen zu meiden. Einige haben noch den Crash um die Jahrtausendwende in den Knochen und meiden Aktien. Dabei haben wir derzeit nicht viele Alternativen, um der Nullzinsfalle zu entkommen. Jessica Schwarzer beschreibt das in diesem Kapitel sehr gut. Der wichtigste Trumpf an der Börse ist die Zeit. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass nach einem Kursabsturz des Index auch wieder ein Anstieg kommt. Man muss nur geduldig sein.

Fazit zum Buch „Sell in May and go away?“

Es ist ein sehr gelungenes Buch mit einem Schreibstil, der mich sehr angesprochen hat. Nicht nur werden die gängigen Börsenweisheiten analysiert, sondern nebenbei fließen ganz viele Daten zu vergangenen Ereignissen ein und es gibt immer wieder Tipps für die eigenen Finanzen. Eine klare Leseempfehlung!

Falls du das Buch gerne kaufen möchtest, kannst du das über den folgenden Link tun: „Sell in May and go away?“ von Jessica Schwarzer*. Damit kannst du meinen Blog unterstützen.

In diesem Sinne: maximales Wissen für maximalen finanziellen Erfolg!

Anna von Finanzmedicus

Dieser Beitrag stellt keine Kaufempfehlung für Aktien dar, sondern ist meine persönliche Meinung. Bevor du irgendwelche Aktien kaufst, solltest du genau wissen was du tust.

Schreibe einen Kommentar