Depression Du darfst nicht alles glauben, was du denkst

Kurt Krömer ist eine Kunstfigur. Hinter Kurt Krömer steckt Alexander Bojcan, der Komiker und Künstler ist und mit diesem Buch seine schwere Depression beschreibt, welche er über acht Jahre mit sich herumgetragen hat. Es geht ihm dabei nicht nur darum, seinen Leidensweg zu beschreiben – sodass sich vielleicht Menschen wiederfinden können, sondern auch zu zeigen, dass man seine Depressionen auch wieder loswerden kann.

Technische Daten zu „Du darfst nicht alles glauben, was du denkst“

Das Buch “ Du darfst nicht alles glauben, was du denkst – Meine Depression – Kurt Krömer“, geschrieben von Alexander Bojcan, ist im Kiepenheuer&Witsch-Verlag erschienen. Gelesen habe ich die 10. Auflage 2023. Kostenpunkt: 20 Euro. Woher habe ich das Buch? Zu Ostern geschenkt bekommen (von meiner, gefühlt, nicht enden wollenden Bücherliste).

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Gedanken aus „Du darfst nicht alles glauben, was du denkst – Meine Depression“

Eine Bemerkung vorne weg. Gerade Depressionen sind manchmal wahnsinnig schwer von außen zu sehen. Immer wieder gibt es Menschen, die als besonders fröhlich gelten, die dann aus „heiterem Himmel“ einen Selbstmordversuch unternehmen. Menschen können eine unglaublich gute Fassade aufbauen.

Seine Bedürfnisse nicht ernst nehmen

„(…) Depressive stellen sich und ihre Bedürfnisse ja oftmals hinten an. Ich hatte mich in den letzten acht Jahren nicht wirklich um mich selbst gekümmert. Wenn ich alleine war, habe ich nicht für mich gekocht, das habe ich nicht eingesehen, mich eine halbe Stunde in die Küche zu stellen und für mich selbst zu kochen und das dann alles innerhalb von fünf Minuten aufzuessen. Ich habe mir auch nichts gegönnt, bin nicht ins Restaurant gegangen, sondern ich habe Junkfood gefressen. Ich habe mir vielleicht ab und zu mal einen Pullover oder eine Hose gekauft. Eines meiner Muster, das ich in Beziehungen angewendet habe, war, dass ich meine Bedürfnisse nicht ernst nehmen konnte.“

Du darfst nicht alles glauben, was du denkst, Kurt Krömer, S. 105

Egoismus ist in unserer Gesellschaft vordergründig sehr verpönt. Allerdings ist ein gesunder Egoismus sehr wohl notwendig für das eigene Wohlergehen. Was sind meine Bedürfnisse? Wo liegen meine Grenzen? Warum sage ich zu einer Sache „ja“, obwohl mein Kopf laut „nein“ ruft? Wann habe ich mich das letzte Mal entspannt? Wann habe ich das letzte Mal einen ganzen Tag lang gechillt?

Wer immer nur gibt, ist irgendwann leer und ausgebrannt. Ein gesunder Egoismus oder besser, eine gesunde Orientierung an den eigenen Bedürfnissen, hilft, um nicht in „Burnout“ oder eine Depression zu rutschen.

Depressive „katastrophieren“ – Problemschrauben

„Er hat uns beigebracht, dass Depressive „katastrophieren“. Ein schönes Wort. Auch im Nachhinein, scheiße, wenn man es tut, aber schön, wenn man weiß, dass es ein Wort dafür gibt. Ein Beispiel dafür: Der Depressive hat sich zum Telefonieren mit seiner Freundin verabredet, um 15 Uhr. Jetzt ist 15:00 Uhr, es ist vielleicht sogar schon 15:05 Uhr, da fängt der Depressive an – das ist jetzt hier wirklich ein Beispiel aus meinem Leben – an zu katastrophieren. Er denkt z.B., dass sie nicht anruft, bedeutet bestimmt, dass sie ihn nicht mag. Würde sie ihn mögen, würde sie ja anrufen. Oder sie will Schluss machen. Die sitzt jetzt gerade zu Hause und zögert. (…) Man dreht die Problemschraube. Man baut ein Gedankenkonstrukt auf, das gar nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat, vielleicht ist ja einfach nur ihr Akku leer.“

Du darfst nicht alles glauben, was du denkst, Kurt Krömer, S. 117

Gerade diese „Problemschrauben“ können einen den ganzen Tag beschäftigen und sind sehr erschöpfend. Und man kommt kein Stück voran.

Was können Symptome sein?

„Schlafen Sie durch?“

„Nein. Ich schlafe maximal so drei bis vier Stunden.“

„Sind Sie gereizt?“

„Sind Sie übermüdet?“

„Stehen Sie morgens schon auf und denken: Ich bin müde?“

Das war bei mir wirklich so, jahrelang bin ich morgens aufgestanden und dachte: „Boah, jetzt wird es aber Zeit, dass es dunkel wird und du dich wieder hinlegen kannst.“ Jedenfalls merkte ich dann, dass dieser Chefarzt, der Psychiater, genau die richtigen Fragen stellte. Eigentlich antwortete ich auf jede Frage mit: „Ja, genau, so ist es.“ Das war natürlich kein Small Talk, sondern ein Fragebogen, der eine Richtung angibt, ob man eine leichte, eine mittlere oder eine schwere Depression hat. Schon bei diesem Frage-Antwort-Spiel löste sich bei mir die Spannung und fing an zu weinen.“

Du darfst nicht alles glauben, was du denkst, Kurt Krömer, S. 87

Wichtige Adressen bei einer Depression

Im Anhang findet sich eine sehr wichtige Seite. Falls du bei dir eine Depression vermutest: Es gibt unter www.deutsche-depressionshilfe.de einen Selbsttest und viele Informationen rund um das Thema Depression. Das deutschlandweite Info-Telefon Depression: 0800 3344533. Für Angehörige gibt es unter bapk.de und www.familiencoach-depression.de weitere Informationen.

Bei Suizidgedanken: Wende dich, falls du dich in einer akuten Krise befindest, an einen Arzt oder Psychiater/Psychologen, die nächste Klinik oder wähle die 112. Die Telefonseelsorge: 0800 1110111.

Depressionen sind relativ weit verbreitet und es ist keine Schande sich deswegen Hilfe zu suchen. Ganz im Gegenteil: wenn du dir das Bein gebrochen hast, gehst du doch auch zum Arzt! Bei Depressionen ist es genauso. Manchmal finde ich das amerikanische Bild weitaus besser: jeder hat seinen Hautpsychologen und haut sich alle 6 Monate auf das Sofa.

Fazit zur „Du darfst nicht alles glauben, was du denkst – Meine Depression“

Ich finde dieses Buch sehr lesenswert. Alexander Bojcan beschreibt sehr ehrlich wie es ihm ging, was er für Gedanken hatte und wie er aus diesem dunklen Loch wieder herausgefunden hat. Im Buch geht es auch um seinen Aufenthalt in der Klinik, wie er wieder den Kontakt zu seinen Kindern gefunden hat und letztlich auch um Achtsamkeit, was ich unfassbar wichtig finde.

Das Thema finde ich sehr, sehr wichtig, daher habe ich mich auch dazu entschieden, dieses Buch zu rezensieren.

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Viel Spaß beim Lesen!

Anna

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