Völlig unerwartet kann heute ein Anruf. Auf der Intensivstation wird gerade ein Patient intubiert – an sich nichts spektakuläres, denn das wird jeden Tag auf einer Intensivstation gemacht und kritisch Kranke brauchen oft den Schnorchel im Hals.
Es war ein Covid-19-Patient, der intubiert werden musste. Nach 3 Wochen „Ruhe“ im Haus vor Covid-19, haben wir jetzt wieder einen Patienten. Dem es auch noch so rapide schlechter ging, dass er künstlich beatmet werden musste. Covid-19 ist also wieder greifbar.
Gestern wurden in Deutschland 590 Neuinfektionen gemeldet. Klingt zunächst wenig, aber auch diese geringe Zahl kann wieder Momentum entwickeln, wenn wir kein Bock mehr auf Abstand oder Mund-Nasen-Schutz haben. Gerade in den letzten Tagen kursierten wieder Videos über feiernde, zumeist junge Menschen auf dem Ballermann oder auf dem Goldstrand in Bulgarien.
Auf die Frage warum die Menschen ohne „Regeln“ feiern? „Sie haben ein Recht auf das Feiern.“
Sicher haben sie das. Aber ich und viele Millionen andere haben ein Recht auf Gesundheit. Und das Covid-19 vor jungen Menschen nicht Halt macht und teilweise üble Verläufe hinlegt, dürfte auch bekannt sein. Mal von den Langzeitfolgen ganz zu schweigen! Das wird noch hochinteressant was da auf uns zukommt an immunologischen und neurologischen Phänomenen.
Dabei müssen wir „nur“ der Industrie etwas Zeit geben bis sie einen geeigneten Impfstoff entwickelt hat. Ohne ihn wird es nicht gehen. Die weltweiten Zahlen sind derart hoch, dass ein alleiniges Eindämmen quasi nicht mehr möglich ist.
Was hat die Politik für Möglichkeiten, wenn die Fallzahlen in Deutschland wieder nach oben schnellen? Wenn lokale Maßnahmen nicht mehr ausreichen würden? Würde das unsere Wirtschaft aushalten oder kommt dann der große Zusammenbruch mit gesellschaftlichen Verwerfungen?
Ich hoffe für uns alle, dass wir weiterhin in einem friedlichen Europa leben können. Nur im Frieden kann Wohlstand wachsen.
Die Verhaltensregeln sind simpel. Abstand, Mund-Nasen-Schutz und Hände waschen. Jeder muss seinen Anteil verantwortungsbewusst dazu beitragen. Nur zusammen können wir Covid-19-Infektionen klein halten.
Denn Gesundheit ist etwas sehr wertvolles.
Deine Finanzmedicus
„Gestern wurden in Deutschland 590 Neuinfektionen gemeldet.“
falsch, es handelt sich um positive PCR-Tests. Infektionen werden immer noch mittel Petrischale usw. ermittelt. Dafür gibt es sogenannte Sentinelproben, welche dann von der Forschungsgruppe Influenza ausgewertet und veröffentlicht werden. Die Ergebnisse kann man auf rki.de nachlesen, also in offiziellen Bulletins des Bundesgesundheitsamtes (RKI).
Dort lesen wir höchstamtlich seit der KW15/2020 die Zahl null. Wir haben also seit der ersten Aprilwoche null Infektionen mit SARS-COV2.
Jeder nichtvalidierte PCR-Test hat ca. 1,5% falsch positive Befunde. Wenn die Zahl der Tests massiv ausgeweitet wird, steigen auch die absoluten Zahlen der falsch positiven Testergebnisse. Diese werden dann offiziell als „Infektionen“ gemeldet.
Es ist seit langem vorbei, es gab nie eine ernste Situation der Bettenbelegung auf den Intensivstationen und die Infektionen gingen VOR dem Lockdown stark zurück, auf einen R-WERT unter 1. 99% aller Positiven entwickeln keine Symptome, sind also auch nicht infiziert.
Hallo Stefan,
vielen Dank für deinen Kommentar.
Ich kann allerdings ein paar Punkte so nicht stehen lassen.
1. Das Mittel der Wahl zum Nachweis von SARS-CoV-2-Erregern ist die PCR-Methode (Quelle: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Vorl_Testung_nCoV.html). Nix mit Petrischale. Die derzeitigen PCR-Verfahren haben eine hohe Spezifität. Eine 100% Testsicherheit gibt es in der Medizin NICHT.
2. Ja, die Arbeitsgruppe Influenza veröffentlicht auch Daten zu Covid-19-Infektionen. Allerdings gibt es da eine Einschränkung: Das RKI gibt selbst an, dass es ca. 100 Arztpraxen sind, die regelmäßig Proben schicken. In Deutschland gibt es deutlich mehr als 100 Arztpraxen und dazu noch die Krankenhäuser. Nur weil das RKI selbst kein Covid-19 mehr getestet hat, heißt das nicht, dass es die Infektionen nicht mehr gibt. (Quelle: https://influenza.rki.de/Wochenberichte/2019_2020/2020-28.pdf)
3. Ja, es gibt derzeit Covid-19-Infektionen. Ein Patient wurde in meinem Klinikum gestern intubiert, aufgrund einer Covid-19-Infektion. So viel dazu.
4. Der Lockdown war VOR dem Rückgang der Infektionszahlen. Lockdownbeginn ca. 23.03.; Peak der Infektionszahlen am 02.04.(https://coronavirus.jhu.edu/map.html).
5. Wir sollten FROH sein, dass wir keine ernste Bettensituation hatten wie in New York, Madrid, Norditalien, oder im Elsaß. Die Berichte, die darüber zu lesen waren, sind mir eiskalt den Rücken runtergelaufen. In Madrid hat zeitweilig ein Covid-19-Patient, der über 65 Jahre alt war, kein Beatmungsgerät mehr erhalten. 65 Jahre!! Ich wünsche keinem diese Triage! Das ist grauenhaft.
Viele Grüße
Anna von Finanzmedicus
Guter Post! Über 500 Infektionen sind eben nicht wenig im Vergleich zu anderen Ländern in Europa. Dort wird bei paar wenigen Fällen schon zu ganz anderen Maßnahmen gegriffen. Und hier hört man doch relativ wenig über die Medien. Man sieht auch schon zig Fotos die Leute in Gruppen zeigt, eng an eng. Als ob es nie einen Virus gegeben hätte. Und da man sehen kann wie schwer uns das wirtschaftlich treffen kann, sollte sich jeder einzelne Gedanken machen, ob er den erarbeiteten Wohlstand so leichtfertig wieder aufs Spiel setzen möchte.
Vielen Dank 🙂
Ja, ich hoffe auch, dass uns diese Nachlässigkeit nicht das Genick bricht.
Hey Anna,
ich habe auch nach wie vor ein mulmiges Gefühl, wenn ich an Corona denke. Ein junger Kollege von meinem Freund ist daran gestorben. Dass man nun wieder groß feiern kann, finde ich ein wenig befremdlich. War letztens auf einer Hochzeit mit rund 100 Gästen. Nächste Woche bin ich wieder auf einer Hochzeit. Trotz der Hygiene-Vorschriften kann man sich bei privaten Veranstaltungen quasi kaum an Abstandsregeln halten. Viele in meinem Umfeld „glauben“ nicht an Corona. Ich hatte da einen schweren Stand, weil ich nach wie vor eine gewisse Angst davor habe. Ich versuche für mich einen Mittelweg zu finden.
Liebe Grüße
Jenny
Hallo Jenny,
vielen Dank für dein Statement.
Das tut mir sehr leid, dass dein Freund seinen Arbeitskollegen verloren hat. Es macht so unglaublich fassungslos, traurig und hilflos, wenn junge Menschen sterben. … und dann auch noch an Covid. 🙁
Eine Arbeitskollegin hatte es über 5 Wochen heftig mit Fieber erwischt und zwischenzeitlich musste sie auch in die Klinik, weil sie keine Luft mehr bekommen hat. Sie hat alles gut überstanden. Ironischerweise hat sie nicht mal Antikörper entwickelt, so als ob nie etwas gewesen ist.
Ein anderer Arbeitskollege hat es nach wochenlangem Kampf gegen diese Scheiße nicht geschafft. Das Virus hat seine Lunge komplett zerstört und für eine Transplantation war die körperliche Gesamtverfassung zu schlecht geworden. Er war OP-Pfleger. Es macht mich dann umso wütender, wenn einige behaupten, dass es „Corona nicht gibt“ oder „völlig harmlos“ ist. Das ist es nämlich nicht.
Ja, ein gesunder Mittelweg ist sinnvoll. Respekt vor der Erkrankung auch.
Viele Grüße
Anna
@Dennis: Die Wirklichkeit ist schon ein bisschen komplexer…Es geht nicht um 500 Infektionen, sondern um 500 positive PCR-Tests, die von verschiedenen Laboren durchgeführt wurden und -je nach Labor- unterschiedliche Anzahlen von falsch-positiven und falsch-negativen Resultaten produzieren.
Das Problem: die Massenmedien versteifen sich auf die Zahl der positiven Tests, ohne die Fehlerquote zu berücksichtigen.
Dabei sind die falsch-positiven aus medizinischer Sicht harmlos: die Betroffenen müssen in Quarantäne und sich nach einigen Tagen nochmals testen lassen. Das ist psychisch belastend, gefährdet aber Niemanden.
Die falsch-negativen sind infektiös und wiegen sich in falscher Sicherheit („Ich habe nur eine harmlose Sommergrippe“). Von diesen geht eine echte Gefahr für die Allgemeinheit aus.
Daher sind die PCT-Tests auf eine möglichst geringe falsch-negativ-Rate hin optimiert und nehmen (harmlose !) falsch-positiv Ergebnisse hin. Für eine realistische Gefahrenabschätzung muß man die aber Fehlerrate unbedingt berücksichtigen.
Hallo Marcus,
das Rumreiten auf Fehlerquoten geht am Kern des Themas vorbei. Selbst wenn die Fehlerquote 1,5% betragen sollte, so what?? Die Erkrankung ist da, Massenveranstaltungen sollten nicht stattfinden und einfache Regeln eingehalten werden. Was ist das Problem? 1,5% Fehlerquote ist ein Witz. Und natürlich werden die Testsysteme weiter verfeinert und validiert. Wie ich schon schrieb: In der Medizin gibt es nirgends ein 100% Testverfahren – nirgends.
Problematisch finde ich die Leute, die Covid negieren und im schlechtesten Falle sogar unwissend Überträger dieser Viren sind. Und ja, ich habe in der Klinik schon zu viele Covid-infizierte Patienten gesehen, denen es richtig schlecht ging.
Liebe Grüße
Anna von Finanzmedicus