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Wieviel finanzielles Risiko kannst du dir leisten?

Ein großes Thema in Bezug auf das Investieren ist die persönliche Risikobereitschaft. Leider wird es oft eher stiefmütterlich behandelt. Dabei geht es nicht nur darum, wieviel finanzielles Risiko du bereit bist zu tragen, sondern auch wieviel Risiko du dir überhaupt erlauben solltest. Allerdings gibt es das Thema Risiko nicht nur beim Investieren, sondern auch in dem finanziellen Fundament, was du dir gebaut hast. Bist du finanziell sicher aufgestellt oder ist das Gefühl der Beinahe-Pleite dein täglicher Begleiter?

Wer lebt das höchste Risiko?

Derjenige, der keine Rücklagen besitzt (Stichwort Notgroschen), in einem Vollzeitjob Zeit gegen Geld tauscht und dazu noch finanzielle Verpflichtungen in Form von Krediten hat – lebt auf einem Pulverfass.

Nur ein unvorhergesehenes Ereignis und das ganze Kartenhaus bricht in sich zusammen. Ein Ereignis war zum Beispiel Sars-Cov-2. Plötzlich wurden Restaurants und andere Läden geschlossen. Was, wenn du da deinen Job hattest und nun deine Einnahmen wegbrechen? Fatal in einer solchen Konstellation. Aber nicht nur äußere Umstände können dazu führen, dass die Zahlungsunfähigkeit eintritt, sondern oft auch „innere“ Umstände. Körperliche oder seelische Erkrankungen der eigenen Person oder zum Beispiel der Kinder, können dazu führen, dass du deinen Job nicht mehr ausüben kannst.

Und was dann?

Da wäre es doch besser, du hättest dir vorher ein kleines Finanzpolster angelegt und könntest in Ruhe gesund werden, deine Gedanken sortieren und deine nächsten Schritte planen.

Daher lass uns mal zusammen einen Risiko-Plan aufstellen.

Nur weil du einen Job hast, heißt das nicht, dass deine Finanzen für alle Zeiten gesichert sind.

JOB = Just Over Broke.

Diesen Satz bzgl. des JOBs hat mich vor einiger Zeit ziemlich wachgerüttelt. Denn was sagt er aus? Wenn dein Job weg ist, bist du pleite. So lange du einen Job hast, bist du, naja, fast pleite. Natürlich gibt es Berufe, die krisenfester sind als andere. Dennoch gibt es auch da immer wieder ungeahnte Fügungen und du stehst plötzlich ohne Einkommen da.

Daher: Ein Job sollte dich niemals in falscher Sicherheit wiegen, dass du für alle Zeiten finanziell abgesichert bist.

Natürlich brauchst du einen Job, damit du auch Einkommen generieren kannst. Aber du solltest dir weise überlegen wie du mit deinem Geld umgehst. Du kannst es nur ein Mal ausgeben.

Ein Buch, was mir recht deutlich zu diesem Thema die Augen geöffnet hat, war das von Robert T. Kiyosaki, Rich Dad Poor Dad* Ein absolut lesenswertes Buch!

Wenn du noch keinen Notgroschen hast, dann wird es höchste Zeit dir einen aufzubauen.

Wenn ich nochmal von vorn mit meinen Finanzen anfangen müsste, dann würde ich mir als erstes einen Notgroschen aufbauen und diesen Puffer großzügig gestalten.

Warum?

Es ist dein persönliches finanzielles Netz, falls dich irgendetwas aus der Bahn wirft. Es möge nie eintreten, aber wenn ich mir vorstelle, dass eines meiner Kinder schwer krank wird, dann will ich bei ihm sein und nicht arbeiten gehen müssen.

Das bedeutet für mich, dass ich mindestens für 6 Monatsausgaben einen Puffer in der Hinterhand haben möchte. Besser wären 12 Monate.

Dieses Geld ist auch nur für solche Notfälle da. Vielleicht noch wenn die Waschmaschine kaputt geht. Aber gewiss nicht, um ein neues Auto zu finanzieren.

Es schläft sich auch unvergleichlich besser, wenn du weißt, dass du eine Rückfallebene unter dir hast und nicht gleich ins Minus rutscht.

Generell solltest du natürlich deine Finanzen zumindest ein Mal grundlegend geordnet haben.

Berufsunfähigkeitsversicherung sichert Risiko ab

Das ist vor allem für die Menschen relevant, die abhängig von einem Job sind. Denn wenn deine Ernährungsgrundlage wegbricht, dann kannst du deinen aktuellen Lebensstandard vergessen.

Lass dich hier unbedingt von einem unabhängigen Berater beraten, denn alle anderen haben ihre Versicherungsgesellschaft im Rücken und können nur aus einem begrenzten Pool schöpfen. Außerdem haben die Versicherungsvertreter oft nur ihre Provision im Hinterkopf und nicht das ideale Produkt für dich!

Erhöhtes Risiko durch Konsumschulden

Wie Eingangs beschrieben hat derjenige das höchste finanzielle Risiko, dessen Einkommen an einen Job gebunden ist und der dazu noch finanzielle Verpflichtungen, z.B. in Form eines Kredites hat.

Schulden lassen dich schlechter schlafen, insbesondere wenn es sich um Konsumschulden handelt. Immerhin hast du dir etwas auf Pump gekauft, was du dir real gar nicht leisten kannst. Daher: Augen auf!

Wir kaufen Ding, die wir nicht brauchen, mit Geld, was wir nicht haben, um Leute zu beeindrucken, die wir nicht mögen.

Fight Club

Hinterfrage immer deine Motive bevor du einen Konsumkredit abschließt. In der Regel gibt es immer günstige Alternativen! Du bist auf ein Auto angewiesen? Wie wäre es mit einem Gebrauchtwagen? Oder Car-sharing? Meist steht uns unsere eigene Eitelkeit im Wege, denn wir wollen nach außen hin perfekt wirken und uns selbst mit dem neuesten Shit pimpen.

Für mich gilt: Ich unterschreibe nie wieder einen Konsumkredit! Nie wieder. Das ist einfach rum.

Deine Risikotoleranz – wieviel finanzielles Risiko kannst du dir erlauben?

Im ersten Schritt solltest du dir überlegen wieviel Risiko du dir überhaupt leisten kannst. Das ist natürlich abhängig von deiner aktuellen Situation.

Wie sicher ist dein aktueller Job? Was verdienst du zur Zeit? Was lässt dein Humankapital zu? Hast du ein Haus abzubezahlen? Hast du andere Kredite? Hast du Kinder?

Davon hängt es ab, wieviel Risiko du dir erlauben kannst. Wenn du einen Job hast und ein Großteil des Geldes geht für die Abzahlung des Eigenheimes drauf, dann würde ich eher dazu neigen auf einem Tagesgeldkonto etwas Puffer aufzubauen und das, was übrig ist in die Tilgung stecken.

Generell gilt: Du solltest kein Geld in Aktien oder ETFs investieren, das du zum alltäglichen Leben brauchst!! Die Börse unterliegt teilweise starken Schwankungen und dein Geld, was du investiert hast, kann sich zeitweilig halbieren. Es wäre fatal, wenn du dann Verluste realisieren und vielleicht noch einen Kredit aufnehmen musst, weil das Geld nicht ausreicht.

Je „sicherer“ dein Job ist, je höher dein Humankapital und je kleiner deine Verpflichtungen sind, desto mehr kannst du an der Börse investieren.

Deine Risikobereitschaft für Investments

Wenn du die Basics hast, geht es darum wieviel Risikobereitschaft du mitbringst für das Investieren. Das ist eine individuelle Kiste und nur du allein kannst sagen mit wieviel Risiko du dich am wohlsten fühlst.

Am besten wir machen dazu ein kleines Rechenbeispiel. Nehmen wir mal an, du hast 10.000 Euro Vermögen. Wieviel könntest du (zeitweilig) verlieren, ohne dass dir die Nerven durchgehen? Sind es 5.000 Euro oder nur 1.000 Euro? Deine Risikobereitschaft orientiert sich dann an dieser Zahl.

Ich rechne gerne mit einem krassen Börsencrash, der 50% meines anlegten Vermögens zeitweilig vernichten könnte. Ich hätte zum Beispiel kein Problem damit, wenn von den 10.000 Euro Gesamtvermögen zeitweilig nur noch 7.000 Euro da wären, sodass es für mich ok ist, wenn 60% des Vermögens in ETF bzw. Aktien steckt.

Da ist aber jeder von uns anders gestrickt. Du sollest in jedem Falle ehrlich zu dir sein, denn im Falle einer Finanzkrise zeigt sich dann das wahre Gesicht deines Nervenkostüms.

Letztlich kann sich dieser Punkt mit der Zeit auch ändern. Gerade am Anfang der „Börsenkarriere“ hat man kein so richtiges Gefühl dafür und muss erst reinwachsen. Wenn du dann später schon ein paar „Auf-und Ab“-Bewegungen mitgemacht hast, schockt dich nicht mehr so viel.

Ich habe beispielsweise mit einem ETF-Sparplan angefangen. Zu Beginn waren es nur 150 Euro im Monat, damit ich einfach ein Gefühl dafür bekomme. Später habe ich diesen Betrag dann aufgestockt.

Finanztip hat dazu eine schöne Aufstellung auf ihrer Website!

Deine nächsten Ziele in 5 bis 10 Jahren?

Das Investieren an der Börse ist immer ein langfristiges Projekt. 10 bis 15 Jahre Zeithorizont solltest du schon mitbringen.

Wenn du in den nächsten 2-3 Jahren ein Haus bauen möchtest, sind Aktien nicht unbedingt die beste Wahl. Denn just zum Hauskauf können die Kurse einbrechen und du hast vielleicht nicht mehr ausreichend Geld für dein eigentliches Projekt.

Es geht letztlich darum, wenn du deine Aktien- oder ETF-Anteile verkaufst, es nicht mit Verlust tun zu müssen.

Einzelaktien oder ETFs?

Diese Frage wird oft kontrovers diskutiert und zielt natürlich auch auf das Risiko ab. Einzelaktien und ETFs haben jeweils Vor- und Nachteile. Für mich als Privatanleger mit recht knapper Zeit, ist das Investieren in ETFs ideal.

Warum?

Mit Einzelaktien kann ich natürlich, vorausgesetzt ich habe mich intensiv in die Unternehmen und Bilanzen eingelesen, teilweise viel höheres Wachstum erzielen. Man kann aber auch massiv auf die Fresse fallen, wie zum Beispiel mit Wirecard. Für mich persönlich sind Einzelaktien derzeit nichts. Ich würde nur ins Depot schauen und grübeln.

Da fühle ich mich mit meinen ETF-Sparplänen wesentlich wohler. Sie werden monatlich bespart und gut ist. Wenn der Index mal einen Rücksetzer macht, ist das nicht weiter schlimm, denn ich habe die positive Einstellung, dass es in Zukunft weiter nach oben geht.

Sparkonto = absolute Sicherheit?

Die allermeisten Deutschen sparen auf dem Girokonto bzw. Sparkonto – weil es vermeintlich sicher ist (dazu hatte ich schon einen Artikel geschrieben).

Für den Notgroschen ist das eine gute Sache, aber für den Vermögensaufbau langfristig ein Minusgeschäft. Nicht nur, dass es quasi keine Zinsen mehr gibt. Die Inflation frisst jedes Jahr ein bisschen mehr vom Vermögen auf.

Da gibt es nur eine Sicherheit – das mit Sicherheit das Vermögen weniger wird.

Es gibt aber noch ein anderes Problem. Wer mehr als 100.000 Euro bei einer Bank hat, hat im Falle einer Insolvenz das Nachsehen. Denn die Einlagensicherung geht nur bis 100.000 Euro pro Kunde und Bank. Wenn du also mehr als 100K bei einer Bank hast, ist dein Vermögen, was darüber auf dem Konto liegt, einem höheren Risiko ausgesetzt!

Lösung? Ab 100.000 Euro solltest du dein Vermögen auf mehrere Banken verteilen.

Trading – Risiko-Super-Gau

Warum dieser Punkt noch? Nun, das ist tatsächlich ein persönliches Anliegen von mir. Ich sehe derzeit so viel Werbung was Trading angeht – es sei angeblich schnell erlernbar, man erziele schnelle Erfolge, könne schnell reich werden. Blabla. In einem Forum habe ich eine nette Auflistung von den Verlustquoten geordnet nach Broker gefunden. Wow.

Ja, auf längere Sicht ist das Trading bei Privatpersonen mit Verlusten assoziiert (70-80% machen Verluste). Natürlich können auch mal hohe Gewinne locken, aber in der Regel ist es ein Verlustgeschäft.

Noch verlockender sind natürlich gehebelte Geschäfte. Wenn du gewinnst, super! Wenn du verlierst, kann die Privatinsolvenz winken. Für mich wäre das definitiv nichts – mental schon gar nicht.

Da lobe ich mir meinen ETF-Sparplan. Geht zwar nicht so schnell, aber ich kann ruhig schlafen, weil mein Hirn nicht Amok läuft.

Fazit

Beleuchte deine finanzielle Situation ganz ehrlich.

  1. Notgroschen?
  2. Eventuell Berufsunfähigkeitsversicherung?
  3. Noch vorhandene Schulden?
  4. Persönliche Risikobereitschaft und Risikotoleranz?
  5. Deine Ziele in den nächsten 5 bis 10 Jahren?
  6. Wenn du das alles ehrlich abgehakt hast, dann kannst du im nächsten Schritt in risikobehaftete Produkte investieren.

In diesem Sinne: maximale finanzielle Erfolge.

Anna

*Die mit (*) Sternchen versehenen Links sind Provisionslinks. Wenn du auf so einen Links klickst und darüber das beworbene Produkt kaufst, bekomme ich dafür eine kleine Provision. Für dich entstehen natürlich keine Mehrkosten und ich kann die Kosten des Blogs decken.

Disclaimer: Das ist keine Anlageberatung. Jeder ist selbst für seine Finanzen verantwortlich und darf seinen eigenen Kopf benutzen.

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Ute

    Liebe Anna,

    zuerst: Dein Blog gehört zu meinen Lieblingsfinanzblogs!

    Dein Fazit teile ich, ich habe für mich nur noch zwei Punkte ergänzt:
    1. Meinen Konsum grundsätzlich kritisch zu hinterfragen (brauche ich es wirklich? etc. etc.)
    2. Haftpflichtversicherung (gibt es für schmales Geld und sichert wie die Berufs-Unfähigkeitsversicherung vor Insolvenz. Das sind die beiden wichtigsten Policen, die man haben sollte)

    Viele Grüße

    Ute

    1. Finanzmedicus

      Hallo Ute,

      vielen Dank für das Lob!! Das bedeutet mir viel. 🙂
      Deine zwei Punkte finde ich sehr wichtig. Den eigenen Konsum zu hinterfragen, erleichtert so viel! Man gibt weniger Geld aus, braucht nicht so viel Lagerplatz und schmeißt weniger weg. Hat nur Vorteile. 😉
      Die Haftpflichtversicherung ist Pflicht. Ohne die, geht es nicht. Da bin ich ganz bei dir.

      Viele Grüße
      Anna

  2. Catamaran

    Hallo Anna,

    „Aber gewiss nicht, um ein neues Auto zu finanzieren.“
    Kannst du bitte hier deinen Standpunkt erläutern? Gerade bei diesem Punkt bin ich immer etwas unschlüssig.

    Viele Grüße,
    Catamaran

    1. Finanzmedicus

      Hallo Catamaran,

      eine Reparatur am Auto, die so nicht vorhersehbar war, finde ich in Ordnung. Ist quasi wie die kaputte Waschmaschine. Das Thema neues Auto gehe ich grundsätzlich anders an. Dafür wird jeden Monat ein gewisser Beitrag zur Seite gelegt und wenn dann wirklich ein neues Auto (oder besser Gebrauchtwagen) fällig ist, dann wird das Geld dafür genommen. Denn je nach dem wie teuer das Auto ist, kann es sein, dass der Notgroschen sonst sofort komplett weg ist. Wenn dann noch etwas anderes dazukommt, wird es schwierig.

      Viele Grüße
      Anna

  3. Catamaran

    Hallo Anna,

    danke für die Aufklärung.

    Viele Grüße und einen schönen Tag,
    Catamaran

  4. Hallo Anna,
    auch Bankguthaben über 100.000€ sind über die privaten Sicherungstöpfe der Banken bei Privatanlegern abgedeckt. Da malst du also ein Schreckgespenst an die Wand, was es so nicht gibt. Deine Banken schicken dir jedes Jahr einen Informationsbogen zur Einlagensicherung zu. Da kannst du nachlesen, welche Guthaben abgesichert sind. Das sind oft Millionenbeträge! Insolvenzfälle wie die Greensill-Bank zeigen, dass dieses System auch funktioniert. Nur für institutionelle Anleger und z.B. Kommunen gelten andere Regeln/Grenzen. Wir Privatleute sind da mehr als ausreichend geschützt.
    Ich würde natürlich trotzdem niemandem empfehlen, mehr als 100.000 Euro in Cash auf dem Konto rumgammeln zu lassen langfristig.
    Viele Grüße
    Jenni

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